Früher war alles besser. Diesen Satz hören wir immer wieder. Aber stimmt das?
Im sogenannten Blue-Dot-Experiment haben Forschende der Harvard University gezeigt, wie unser Gehirn auf relative Veränderungen reagiert, um Muster zu erkennen und zu bewerten.
Die zentrale Erkenntnis des Blue-Dot-Experiments ist, dass Menschen dazu neigen, ihre Definitionen und Urteile anzupassen, wenn die Häufigkeit bestimmter Ereignisse abnimmt. Konkret: Den Teilnehmenden des Experiments wurde die Aufgabe gestellt, blaue Punkte auf einer Skala mit unterschiedlichen Farben zu identifizieren. Als die Anzahl blauer Punkte reduziert wurde, begannen die Teilnehmenden, neutrale Farben (wie Lila oder blassblau) als blau zu interpretieren – selbst dann, als die Forschenden ihnen erklärten, dass es nur wenige bis keine blauen Punkte gab.
Das Blue-Dot-Experiment demonstriert ein Phänomen der „kognitiven Verzerrung“, bei dem Menschen den Kontext ihrer Bewertungen anpassen, um ein gleichmässiges Erlebnis aufrechtzuerhalten. Dieses Verhalten zeigt sich auch in moralischen Urteilen oder bei der Bewertung von Problemen: Wenn weniger echte Probleme vorhanden sind, neigen Menschen dazu, kleinere oder weniger bedeutende Probleme als gravierender wahrzunehmen.
Daher können wir nicht sagen, dass früher alles besser war. Wir können höchstens sagen, dass wir die Situation damals als besser wahrgenommen haben.
09.12.2024